Photovoltaik

Kreislauf-Wirtschaft in der Photovoltaik-Industrie: Recycling von Photovoltaikzellen.

27.06.2024
Andreas Walker / PW

Modernes Recycling von PV-Modulen

Die Solarenergie boomt. Doch auch Photovoltaik-Anlagen haben eine begrenzte Lebensdauer und müssen nach ca. 25 - 30 Jahren entsorgt werden. Das französische Unternehmen ROSI (Return of Silicon) mit Sitz in Grenoble hat für diesen Fall ein umfassendes Recycling-Konzept entwickelt.

Die Schweiz hat zum Ziel, eine fünfmal höhere Solarstromproduktion als heute bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Immer mehr Photovoltaik-Anlagen werden gebaut, auch in anderen Ländern. Deshalb ist es wichtig, die Nachlaufphase im Lebenszyklus von PV-Modulen richtig zu planen.  Die Module haben eine Lebenszeit von etwa 25 bis 30 Jahren. Dies bedeutet, dass jedes Jahr eine Reihe von defekten Paneelen ersetzt werden muss. In den nächsten Jahren  wird die Menge der ausgemusterten PV-Anlagen stetig und immer schneller wachsen.

Zurzeit werden alte PV-Anlagen in Europa über ein System eingesammelt, das von Herstellern und Importeuren derselben finanziert wird. In manchen Ländern wurden bereits Pilotanlagen errichtet, welche vor allem den Aluminiumrahmen, die kupferhaltige Verbindungsdose, und eventuell das Schutzglas einer alten PV-Anlage wieder verwerten. Bisher war es nicht möglich, den Wert der in den Modulen enthaltenen Stoffe voll auszuschöpfen. Eine grosse technische Herausforderung bildet die saubere Trennung der verschiedenen Materialien in einem genügend hohen Reinheitsgrad mit entsprechendem Wiederverkaufswert zur Finanzierung des Recyclings.

Durch Recycling-Prozess aufbereitete Photovoltaikzellen, bereit als wertvoller Rohstoff für die Weiterverwendung. (Foto: ROSI Solar)

Durch Recycling-Prozess aufbereitete Photovoltaikzellen, bereit als wertvoller Rohstoff für die Weiterverwendung. (Foto: ROSI Solar)

Aufbereitetes Silber, bereit für die Wiederverwendung. (Foto: ROSI Solar)

Aufbereitetes Silber, bereit für die Wiederverwendung. (Foto: ROSI Solar)

Aufbereitetes Glas aus alten PV-Modulen, bereit für die Wiederverwendung in der Glasindustrie. (Foto: ROSI Solar)

Aufbereitetes Glas aus alten PV-Modulen, bereit für die Wiederverwendung in der Glasindustrie. (Foto: ROSI Solar)

Recycling von Photovoltaikzellen. (Foto: ROSI Solar)

Recycling von Photovoltaikzellen. (Foto: ROSI Solar)

Im neuen Werk in Grenoble werden PV-Module rezykliert. (Foto: ROSI Solar)

Im neuen Werk in Grenoble werden PV-Module rezykliert. (Foto: ROSI Solar)

Wert-Anteile von wiederverwertbaren Materialien von PV-Modulen am Ende ihrer Produktlebenszeit. (Grafik: ROSI Solar)

Wert-Anteile von wiederverwertbaren Materialien von PV-Modulen am Ende ihrer Produktlebenszeit. (Grafik: ROSI Solar)

Erwarteter jährlicher Abfall pro Jahr von PV-Modulen in Europa, in Tonnen. (Grafik: ROSI Solar)

Erwarteter jährlicher Abfall pro Jahr von PV-Modulen in Europa, in Tonnen. (Grafik: ROSI Solar)

Recycling von Photovoltaik-Modulen

ROSI Solar hat deshalb eine Technologie entwickelt, die es ermöglicht, die verschiedenen Materialien, die in den Photovoltaik-Modulen am Ende ihrer Produktlebenszeit vorhanden sind, sauber zu trennen. Damit wird die Wiedergewinnung von hochreinem Silizium aus den Solarzellen ermöglicht, sowie von Silber aus den Kontaktlinien, den sogenannten Silberfingern, die zur Sammlung des von jeder Zelle erzeugten Stroms verwendet werden. Die angewendeten Verfahren basieren auf physikalischen, thermischen und sanften chemischen Methoden. Die Durchführungskosten sind gering. Dieses Verfahren macht die Recyclingstellen für Photovoltaikmodule in Europa rentabel.

 

Optimierung bei der Herstellung von Siliziumwafern

Das Solarsilizium, das als Ausgangsmaterial für die Herstellung von PV-Modulen verwendet wird, erfährt in einer der ersten Stufen der Produktionskette bereits einen enormen Wertverlust. Die Herstellung von Siliziumwafern bildet die Grundlage für PV-Zellen. Dabei wird ein grosser Siliziumbarren mithilfe eines Diamantsägedrahts in sehr dünne Plättchen (weniger als 200 µm = 0.2 mm) zersägt. In dieser Phase gehen mehr als 40% des Materials in Form von Silizium-Mikrospänen verloren, die von einer Schneidflüssigkeit abgeleitet werden. Der dadurch entstandene Schlamm besteht aus sehr reinem Silizium, gilt aber derzeit als Abfallprodukt, das auf Kosten des Herstellers entsorgt werden muss.

ROSI hat Prozesse entwickelt, um die feinen Siliziumpartikel vollständig von der Flüssigkeit zu trennen, sodass das Silizium gereinigt und als hochreines Siliziumgranulat als industrieller Rohstoff wiederverwendet und die Flüssigkeit erneut zum Schneiden von weiterem Silizium verwendet werden kann.

Im Jahr 2019 wurden weltweit neue Solaranlagen mit einer Gesamtkapazität von 115 GW installiert, was einen Verlust von ungefähr 200‘000 Tonnen Solarsilizium im Wert von über 1,5 Mrd. Dollar als Abfallprodukt bei der Produktion der Module zur Folge hatte. Die Technologien von ROSI Solar führen einerseits zu einer erheblichen Reduktion dieser finanziellen Verluste, andererseits auch zu einer Reduktion der Treibhausgasemissionen aus der Rohstoffherstellung der Solarindustrie.

 

Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Photovoltaik-Industrie

Aktuell basiert die Photovoltaik auf Silizium und voraussichtlich wird dies weiterhin auch so bleiben. Silizium ist das zweithäufigste Element der Erde. Es muss allerdings stark gereinigt werden, um den photovoltaischen Effekt zu erzielen. Dazu braucht es ein sehr energieintensives Verfahren und teure Industrieanlagen. Die Materialkosten eines PV-Moduls entsprechen etwa 20% der Gesamtkosten und die Investitionen ins Material Silizium betragen 45% der gesamten Investitionsausgaben, die für den Aufbau einer vollständigen Wertschöpfungskette bei der Produktion von PV-Modulen notwendig sind.

Zudem wird für die Produktion von Silizium in dieser Qualität sehr viel Energie verbraucht und dementsprechend bedeutende Mengen an Treibhausgasen freigesetzt. Der Energiebedarf für die Herstellung von einem Kilogramm Silizium beträgt im Durchschnitt 80 kWh. Das ist mehr als für die Produktion von Stahl oder Aluminium benötigt wird und etwa gleich viel wie für die Produktion von Magnesium oder Titan gebraucht wird. Für jedes Kilogramm neu gefertigtes Solarsilizium für PV-Anlagen werden 50 kg CO2 in die Atmosphäre ausgestossen. Das heisst: Für jedes MW an neu produzierten PV-Modulen werden 200 Tonnen CO2 freigesetzt.

In Anbetracht der Zielsetzungen zum Ausbau der Produktionsleistungen von Solarstrom in den kommenden Jahren ist es deshalb dringend notwendig, über verlässliche Technologien zu verfügen, bei welchen die durch die Produktion von PV-Modulen verursachten CO2-Emissionen reduziert werden.

 

Anlage zum vollständigen Recycling von PV-Modulen

Das französische Startup ROSI Solar hat in Grenoble die erste Anlage zur vollständigen Rückgewinnung der Materialien von Solarmodulen eröffnet. Die Fabrik extrahiert Silber, Silizium, Glas, Kupfer und Aluminium.

Dieser Recyclingprozess ermöglicht es, jeden Rohstoff in den Altmodulen zu trennen und aufzubereiten. Dabei werden mechanische, thermische und chemische Verfahren eingesetzt, um hohe Reinheitsgrade zu erreichen. Das Recyclingmaterial wird anschliessend in die industrielle Lieferkette gespeist.

Die Anlage in Grenoble hat eine jährliche Kapazität von 3000 Tonnen. Lieferant der Altmodule ist die französische Firma Soren. Um die Transportkosten zu senken, trennt Soren die Alurahmen und Anschlussdosen ab. ROSI übernimmt danach die Zerlegung der Glas-Folien-Laminate.

Im Ergebnis des Recyclings entsteht reines Silizium, welches als Reinsilizium in industrielle Prozesse einfliesst. Die Glasfraktion liegt als reines Ausgangsglas vor und kann von Glasherstellern benutzt werden.

Durch die Inbetriebnahme dieser Recycling-Fabrik wurden in Grenoble 50 Arbeitsplätze geschaffen, der geplante Umsatz bei voller Auslastung der Anlage beträgt mehrere Millionen Euro pro Jahr. Es ist zu erwarten, dass schon bald weitere und grössere Anlagen folgen, denn es kommen immer mehr Altmodule aus dem Markt zurück, die fachgerecht entsorgt werden müssen. Bis 2050 werden voraussichtlich weltweit 78 Millionen Tonnen anfallen. Der Wert des gewonnenen Materials könnte 15 Milliarden Euro überschreiten.

 

rosi-solar.com

 


Recycling von PV-Modulen in der Schweiz

Die meisten PV-Module in der Schweiz sind kristalline Silizium-Module, deren Gewicht zu 90% aus Glas (Siliziumdioxid) bestehen. Die weiteren Schichten der Module bestehen aus Silizium-Wafern, Verbundfolien, wenig Metall und je nach Modulart einer Rückseitenfolie. Interessanterweise setzt sich der Materialwert so zusammen, dass Silber und Silizium 65% des Materialwerts eines alten Moduls sind, die verbleibenden 35% des Materialwerts sind zur einen Hälfte Aluminium, und in gleichen Anteilen Kupfer und Glas. Die Silizium-Wafer werden zusammen mit dem Glas wiederaufbereitet. Sie werden für die Produktion von Flachglas oder Baudämmstoff aus Glaswolle wiederverwendet. Die Verbund- und Rückseitenfolie wird verbrannt, um Strom oder Wärme für die Zementproduktion zu erzeugen. Die Metalle, die zirka 5 bis 8 % des Gewichts des Moduls ausmachen, werden extrahiert und für die Wiederverwertung zu Schmelzwerken in Europa transportiert. Durchschnittlich 77 % eines PV-Moduls können wiederverwendet werden. Die Kreislaufähigkeit der Silizium-Wafer wird künftig durch eine optimierte Wiederverwertung verbessert. 

 

erecycling.ch/pv

Merkblatt zur Sammlung und korrekten Palettierungen von PV-Modulen (PDF, 2 Seiten)

Info-Video von Swissolar (7 Min.): Photovoltaik-Recycling in der Schweiz 


 


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