Für Photovoltaikanlagen auf Gewerbeliegenschaften bieten Contracting-Lösungen ein Rundum-sorglos-Paket. Im Bild: Anlage mit 447 kWp von ZebaTech in Amriswil. (Foto: Stephan Werde)
Irene Bättig, im Auftrag von Swissolar / PW
Chancen in anspruchsvollem Marktumfeld
Das neue Stromversorgungsgesetz bringt einige Neuerungen für die Solarenergiebranche – mit vielen Herausforderungen, aber auch Chancen. Wie die neuen Vorgaben konkret umgesetzt werden und wie der Markt darauf reagieren kann, sind Themen an der Photovoltaik-Tagung vom Di/Mi, 1. und 2. April 2025 in Bern.
2024 hat die Solarstromproduktion in der Schweiz einen neuen Höchststand erreicht und deckt bereits 11 % des gesamten Schweizer Elektrizitätsverbrauchs. «Die Solarenergie hat heute eine grössere Bedeutung erreicht, als wir noch vor wenigen Jahren vorausgesehen hatten», freut sich David Stickelberger von Swissolar. Damit wird sie zunehmend systemrelevant – in Bezug auf die Versorgungssicherheit und auch auf die Netzstabilität. Lösungen sind gefragt, wie sich Spitzen im Netz mit flexiblen Lasten vermeiden lassen. Dazu schafft das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, das im Juni 2024 mit grossem Mehr angenommen wurde, neue Rahmenbedingungen. Diese bergen einige Herausforderungen für die Solarenergie, aber auch Chancen. Die Umsetzung des neuen Stromversorgungsgesetzes steht deshalb im Zentrum der Photovoltaik-Tagung 2025.
23. Schweizer Photovoltaik-Tagung
Am 1. und 2. April 2025 findet die 23. Schweizer Photovoltaik-Tagung statt. Das Gipfeltreffen der Schweizer Photovoltaikbranche, organisiert von Swissolar gemeinsam mit dem Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) und mit EnergieSchweiz, beleuchtet dieses Jahr unter anderem die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Nutzung von Flexibilitäten und Einspeisemanagement, Geschäftsmodelle für Grossanlagen und die neuen Möglichkeiten für Eigenverbrauch mit ZEV und LEG. Die Tagung wird durch eine Produktausstellung von wichtigen Akteuren der Solarbranche sowie einer wissenschaftlichen Posterausstellung ergänzt.
Datum: Dienstag, 1. und Mittwoch, 2. April 2025
Ort: Kursaal Bern und Livestream
Informationen und Anmeldung: pv-tagung.ch
Belohnen, was dem Netz dient
Mit dem neuen gesetzlichen Rahmen erhalten die Verteilnetzbetreiber das Recht, Solaranlagen bei einer zu hohen Einspeiseleistung abzuregeln. Beläuft sich die Einbusse auf mehr als 3 % der Jahresproduktion, muss der Verteilnetzbetreiber diese Flexibilität vergüten. Gleichzeitig steigt die Attraktivität von Batteriespeichern: Für erneuerbaren Strom, der in einen Speicher fliesst, werden die Netzentgelte neu zurückerstattet. Vermehrt schaffen Verteilnetzbetreiber und Stromversorger zudem Anreize, um Produktion und Konsum netzdienlich auszurichten – über tiefere Strompreise tagsüber und über abgestufte Einspeisetarife. Letztere sollen künftig vierteljährlich rückwirkend anhand der durchschnittlichen Marktpreise festgelegt werden. So erhalten Produzenten für Winterstrom höhere Tarife, im Sommer wird dafür deutlich weniger vergütet – bis hin zum Nulltarif. Für Anlagen bis zu 150 kW sind jedoch Mindesttarife vorgesehen. Wie Energieversorgungsunternehmen (EVU) mit Flexibilitäten umgehen können, wird Romande Energie an der Tagung anhand der eigenen Strategie und eines Leitfadens des Verbands Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) aufzeigen.
Herausforderndes Marktumfeld
Tiefere Einspeisevergütungen und eine mögliche Abregelung im Sommer beeinflussen die Wirtschaftlichkeitsrechnung für Solaranlagen. Während in den letzten Jahren hohe Stromtarife und attraktive Vergütungen einen regelrechten Boom auslösten – mit einem erneuten Zubaurekord 2024 – rechnet die Branche ab 2025 mit einer leichten Abkühlung des Markts. Umso mehr gewinnen neue Geschäftsmodelle mit langjährigen Abnahmeverträgen und die neuen Rahmenbedingungen für Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch im Bestand an Bedeutung.
Für grosse Anlagen bietet sich Contracting als Lösung an. Ein Dienstleister plant, baut und betreibt die Solaranlage, die Gebäudeeigentümerschaft bzw. deren Mietende nehmen den Solarstrom im Eigenverbrauch zu einem festgelegten Preis typischerweise über 20 Jahre ab. Insbesondere für Gewerbeliegenschaften kann diese Lösung interessant sein, wie Roman Gysel, Geschäftsleiter des Solarcontracting-Anbieters Swiss Renewable Solutions, an der Photovoltaik-Tagung aufzeigen wird. «Oft unterschätzen künftige Anlagenbesitzer das Marktrisiko. Als Contractor übernehmen wir dieses und bieten ein Rundum-sorglos-Paket, auch bezüglich Investition, Technik und Wetter», fasst Roman Gysel zusammen. Leider herrsche bei potenziellen Kunden jedoch häufig die Meinung, dass nur der Contractor profitiere. «Es braucht faire Verträge für beide Parteien», so Gysel. Ein Beispiel: Ist der Eigenverbrauch tief, hat der Gewerbebetrieb wenig von einer Solaranlage auf dem Dach. Dann könnten Abgeltungen für die Dachnutzung oder eine Beteiligung am Erlös des Stromverkaufs für einen Ausgleich sorgen. Gleichzeitig muss der Contractor die unsichere Entwicklung der Strompreise und der Einspeisevergütungen einkalkulieren. Individuelle Lösungen sind also gefragt.
Riesiger Markt im Bestand dank virtuellem ZEV
Ab 2026 werden reduzierte Netznutzungsgebühren für lokale Elektrizitätsgemeinschaften (LEG) eingeführt. Bereits seit Anfang 2025 sind virtuelle Zusammenschlüsse zum Eigenverbrauch (vZEV) möglich. Damit wird die Nutzung von Solarenergie im Bestand deutlich attraktiver. Die Zähler der Energieversorgungsunternehmen (EVU) dürfen neu für die ZEV-Abrechnung genutzt werden. Damit fallen hohe Kosten für die Installation privater Zähler weg, die in Mehrfamilienhäusern im Bestand einen ZEV bis anhin oft zu teuer machten. Weiter können sich auch mehrere Häuser zusammenschliessen, ohne dass sie einen einzigen, gemeinsamen Bilanzzähler haben. Voraussetzung ist, dass sie am gleichen Verteilkasten angeschlossen sind. Das EVU zählt die Daten zu Bezug und Rückspeisung der verschiedenen Zähler zusammen und rechnet die Bilanz mit dem ZEV-Betreiber ab. Verschiedene Referierende erläutern an der Photovoltaik-Tagung erste Beispiele, Vorgehensweisen und Hilfsmittel zur Umsetzung eines vZEVs – das Potenzial ist riesig.
Solarmonitor Schweiz
pv-tagung.ch